Gaby Peters  
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Julia Höner // KAI 10 Düsseldorf // Auszug aus: Dinge mit Dynamik // In: Gaby Peters, Nina Nowak (Hrsg.),
Thingness – über die Dinge, Publikation zur gleichnamigen Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund, 2016

„[...] Ziemlich beharrlich hält sich seit einigen Jahren das Ding als einer der Fixpunkte in der Reflexion von materieller Kultur. [...] Doch woher stammt dieser weit verbreitete, akademische Diskussion und Ausstellungspraxis beherrschende Impuls, den Dingen auf den Grund zu gehen? Sicherlich hat er auch damit zu tun, dass die Anzahl von materiellen Dingen und immateriellen Gütern im 20. Jahrhundert kontinuierlich zugenommen hat und mit der digitalen Revolution enorm gesteigert wurde. Daten und Waren überwuchern unseren Planeten und sind von einer eigentümlichen Beständigkeit, die die menschliche Lebenszeit mitunter entschieden überschreitet [....]. Vermehrt rücken die ökologischen und sozialen Produktionsbedingungen und der ressourcenschonende Umgang mit Gütern aller Art in den Blick und spiegeln unseren Versuch, „der verstrickten, uns allseits umgebenden Dinghaftigkeit auf den Grund zu kommen“1 und die Widerständigkeit der Objektwelt im Zaum zu halten. [...] Eine ganz andere, jedoch ebenfalls an der Praxis geschulte, Perspektive nimmt Bruno Latour ein. Der Umgang mit den Dingen umfasst im Sinne des politischen Philosophen mehr als nur das Zusammentragen von Wissen über sie und ihr Gebrauch als zweckdienliches Zeug. In seinen Schriften verdeutlicht Latour, welchen Anteil Dinge an Handlungen haben, die normalerweise dem Menschen zugestanden werden.   Mit einem Beispiel aus dem Straßenverkehr zeigt er, dass dies nicht nur für die hochtechnisierten Requisiten unseres Alltags gilt, die unser Leben vollautomatisch lenken – wie etwa die aktuell diskutierten, autonom fahrenden Autos oder munter drauf los parlierende Haushaltsgeräte. Latour macht deutlich, dass auch die vermeintlich stillen Begleiter unseres Lebens ungemein rege auf uns einwirken: in vielen verkehrsberuhigten Zonen zwingen Fahrbahnschwellen Fahrerinnen und Fahrer, ihre Geschwindigkeit zu senken. In diesen Schwellen [...] sind juristische Normen, verkehrspolitische Entscheidungen und technische Konzepte verdinglicht. Eine rein auf den Menschen bezogene Auffassung von Handeln destabilisiert Latour zugunsten einer Co-Autorenschaft von Dingen und Subjekten, deren komplizenhafte Verstrickung er heraus arbeitet. [...] Sein, auch politisch gemeintes, Ziel ist es, den „stummen Dingen der epistemologischen Traditionen“2 einen eigenen Artikulationsraum und eine andere Repräsentation in der Gesellschaft zu verschaffen, als sie lediglich als Tatsachen zu akzeptieren, wenn sie als solche durch ein Labor oder ein anderes wissenschaftliches Instrumentarium bestätigt wurden. [...]“
 
 
  1 Sven Lütticken, „Design nach Zeichen-Design“, in: Burkhard Meltzer, Tido von
Oppeln et al. (Hrsg.), It’s not a Garden Table. Art and Design in the Expanded
Field, Zürich, 2011, S. 131.
2 Bruno Latour, Das Parlament der Dinge, Frankfurt am Main, 2010, S. 100.